Dekoloniale Erinnerungskultur in der Stadt
Von Berlin ausgehend beschäftigte sich das Pilotprojekt Dekoloniale Erinnerungskultur in der Stadt (Dekoloniale) von 2020 bis 2024 damit, wie eine verantwortungsvolle und kritische Auseinandersetzung mit dem Kolonialismus und seinen Folgen im Kulturbereich aussehen könnte. Es wurde von Berlin Postkolonial e.V., Each One Teach One (EOTO) e.V., der Initiative Schwarze Menschen in Deutschland (ISD-Bund e.V.) und der Stiftung Stadtmuseum Berlin konzipiert und umgesetzt, während die Berliner Senatsverwaltung für Kultur und Europa gemeinsam mit der Kulturstiftung des Bundes die Förderung übernahm. Das Projekt, das neue Wege der Zusammenarbeit zwischen Zivilgesellschaft, Institutionen und Verwaltung erprobte, wurde damit maßgeblich von Schwarzen, afrodiasporischen und afrikanischen Akteur*innen getragen, die sich seit Jahrzehnten für eine kritische Auseinandersetzung mit dem Kolonialismus engagieren.

Als partizipativ-solidarisches Projekt der historisch-politischen Bildung haben wir uns zum Ziel gesetzt, in Zusammenarbeit mit Expert:innen und Aktivist:innen weltweit die Vergangenheit und Gegenwart des (Anti-) Kolonialen in Berlin, im übrigen Bundesgebiet und in Deutschlands ehemaligen Kolonien zu erforschen und online sichtbar werden zu lassen. Kolonialgeschichte ist immer auch globale Verflechtungsgeschichte: Lebens-, Orts-, Objekt- und Institutionsgeschichten verbinden Europa mit Afrika, Asien, Ozeanien, Australien und Amerika.
Am Beispiel Berlins erprobte Dekoloniale Erinnerungskultur in der Stadt modellhaft, wie eine Metropole, ihr Raum, ihre Institutionen und ihre Gesellschaft auf breiter Ebene auf (post-) koloniale Wirkungen hin untersucht werden können, wie Unsichtbares erfahrbar gemacht und Sichtbares irritiert werden kann. Das beteiligungsorientierte Kulturprojekt richtete sich damit an eine breite und diverse Stadtgesellschaft. Es befragte nicht nur einzelne Akteur:innen oder Felder – wie etwa Museen – nach ihren (post-) kolonialen Realitäten. Im Laufe des Projektzeitraums mobilisierte Dekoloniale mit eigenen Aktivitäten und unterstützenden Kooperationen die gesamte Stadt.

Dekoloniale Erinnerungskultur in der Stadt war ein Gemeinschaftsprojekt von Berlin Postkolonial e.V., Each One Teach One - EOTO e.V., Initiative Schwarze Menschen in Deutschland - ISD-Bund e.V. und der Stiftung Stadtmuseum Berlin. Darüber hinaus arbeiteten wir eng mit dem Deutschen Technikmuseum Berlin und den Berliner Bezirksmuseen in Treptow-Köpenick, Friedrichshain-Kreuzberg, Charlottenburg-Wilmersdorf und Berlin-Mitte zusammen. Gefördert wurde das Projekt von der Berliner Senatsverwaltung für Kultur und Europa und der Kulturstiftung des Bundes.
Projektstrukur
In jedem Projektjahr mit unterschiedlichem örtlichen Fokus fanden historische und künstlerische Ausstellungen, Konferenzen, Think Tanks, Workshops und Veranstaltungsreihen, Festivals, Stadtrundgänge, künstlerische Interventionen im öffentlichen Raum sowie die fortlaufende digitale Kartierung (post-)kolonialer Geschichte statt. Gemäß ihrer jeweiligen programmatischen Ausrichtungen waren diese Aktivitäten einem der vier konzeptionellen Teilbereiche des Projekts Dekoloniale Geschichte[n], Dekoloniale In[ter]ventionen, Dekoloniale [Re]präsentationen und Dekoloniale Entwicklung[en] zugeordnet.




Projektraum
Wilhelmstraße 92
Durch einen glücklichen Zufall ergab sich für das Projekt Dekoloniale Erinnerungskultur in der Stadt bereits im Jahr 2020 die Möglichkeit, direkt am historischen Ort der Berliner Afrika-Konferenz in der heutigen Wilhelmstraße 92 einen Arbeits-, Seminar- und Veranstaltungsraum anzumieten. Im Laufe des Projekts konnte sich dieser Raum am Ort der ehemaligen Reichskanzlei als ein Zentrum der kritischen Auseinandersetzung mit der kolonialen Vergangenheit etablieren. In Schaufensterausstellungen wie Erinnern. Entschuldigen. Entschädigen. (2024) und zahlreichen öffentlichen Veranstaltungen wurden die Geschichten dieses symbolträchtigen Ortes sichtbar gemacht und Forderungen nach Anerkennung des Widerstands gegen deutsche und europäische Kolonialverbrechen unterstützt.
Leider ist es der Berliner Senatsverwaltung für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt und der Stiftung Stadtmuseum Berlin nicht gelungen, den symbolträchtigen Raum über die Projektlaufzeit hinaus zu sichern. Auf Forderung des privaten Besitzers der Immobilie musste der Projektsitz zum Jahreswechsel 2024/25 geräumt werden, nachdem der Eigentümer einer Vertragsverlängerung – offenbar aus politisch-inhaltlichen Gründen – nicht zugestimmt hatte. Mit dem Modellprojekt Dekoloniale Erinnerungskultur in der Stadt endet damit auch die geschichtspolitische Nutzung des Ortes, der wie kein anderer für Europas koloniale Unrechtsherrschaft in Afrika steht. Sein Verlust reißt eine tiefe Lücke in die postkoloniale Erinnerungslandschaft Berlins und macht deutlich, dass der lange Weg zu einer angemessenen Repräsentation Schwarzer und afrikanischer Geschichte in Deutschland und Europa ein steiniger bleiben wird.

Team
Anna Yeboah
Gesamtkoordination
Maike Pertschy
Kaufmännische Leitung
Nadja Ofuatey-Alazard
Dekoloniale In[ter]ventionen
Dr. Ibou Diop
Gesamtstädtisches Erinnerungskonzept. Kolonialismus & Dekoloniale Entwicklung[en]
Christian Kopp
Dekoloniale Geschichte[n]
Dekoloniale [Re]präsentationen
Tahir Della
Dekoloniale Entwicklung[en]
Melissa Makele
Redaktionsleitung Publikation
Desirée Desmarattes
Teilprojektkoordination In[ter]ventionen
Noor-Cella Bena
Teilprojektkoordination In[ter]ventionen
Mirja Memmen
Teilprojektkoordination Geschichte[n]
Jana Sauer
Projektassistenz
Deiara Kouto
Elternzeitvertretung Projektassistenz
Yohana Berhe
Projektassistenz
B'net Nadya Rahal
Projektassistenz
Ehemalige Kolleg*innen
Noah Anderson (Koordination Projektbereich In[ter]ventionen), Leandra Bitahwa (Stipendiatin), Marc Sebastian Eils (Assistenz Projektbereich Entwicklung[en]), Sajini Kodituwakku(Scholarship Recipient), Angelina Jellesen (Koordination Projektbereich In[ter]ventionen), Bebero Lehmann (Koordination Projektbereiche Geschichte[n] & [Re]präsentationen), Maithy Mouné (Interim Kaufmännische Leitung), Maresa Nzinga Pinto (Junior-Koordination Projektbereich Geschichte[n])
Projektverbund

Beirat
Mitglieder
Prof. Dr. Iman Attia
Alice Salomon Hochschule Berlin
Dr. Manuela Bauche
FU Berlin
Dr. Memory Biwa
University of Namibia, Windhoek
Prof. Dr. Sebastian Conrad
Freie Universität Berlin
Prof. Dr. Albert Gouaffo
Université de Dschang
Sabine Herrmann
Bundesarchiv Koblenz
Dr. Noa K. Ha
Deutsches Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung, DeZIM
Léontine Meijer-van Mensch
Staatliche Ethnologische Sammlungen Sachsen
Prof. Wayne Modest
Vrije Universiteit, Amsterdam
Paulette Reed-Anderson
Center for African Diaspora Research in Germany, Berlin
Sylvia Werther
Berliner Entwicklungspolitischer Ratschlag, BER