Urieta Kazahendike / Johanna Gertze [1836-1936] – Namibia | Deutschland
Lebensgeschichten
Eckhard Möller, 2024
1999 ehrte die namibische Post mit einer Briefmarke eine Frau, die über einhundert Jahre zuvor einen wesentlichen Beitrag zur Verschriftlichung der Sprache der Herero geleistet hatte: Johanna Gertze – gebürtig Urieta Kazahendike – war maßgeblich an den Übersetzungsarbeiten eines Missionars der Rheinischen Missionsgesellschaft (RMG) beteiligt, der das Neue Testament und andere christliche Texte aus dem Deutschen in das Otjiherero übertrug.
Zu ihrem Leben gibt es zwei unterschiedliche Sichtweisen. Der pensionierte Missionar Heinrich Vedder veröffentlichte 1936 zwei traktatartige Hefte über ihr Leben, die sich vor allem an Spender*innen der RMG richteten. Das erste Heft ist auf die Taufe Urieta Kazahendikes als Krönung der Missionsarbeit im Hereroland ausgerichtet. Das zweite Heft stellt ihr Leben als fromm und gottgefällig dar – entsprechend der gesellschaftlichen Rolle, die die Mission afrikanischen Frauen zubilligte.
Anders die Sichtweise von Brigitta Lau, der ersten Leiterin des namibischen Staatsarchivs nach der Unabhängigkeit, die Vedders Darstellung dekonstruiert und Johanna Gertze als selbstbewusste Frau charakterisiert. Sie macht deutlich, dass die Erfolge des Missionars Carl Hugo Hahn bei der Übersetzung biblischer und theologischer Texte in erster Linie der Verdienst Johanna Gertzes sind.
Dieser Beitrag geht ihrer Biografie nach. In den Jahren vor ihrer Taufe wird sie mit ihrem Geburtsnamen Urieta Kazahendike genannt, danach mit dem angenommenen christlichen Vornamen Johanna. Nach ihrer Heirat mit Samuel Gertze wird der Nachname Gertze verwendet.
Contact: Eckhard Möller, Roonstr. 7, D 33330 Gütersloh – E-Mail: eckmoeller@t-online.
References:
Lau, Brigitte (Hrsg.): Hahn, Carl Hugo: Tagebücher 1837–1860. A missionary in Nama- und Damaraland, 1985.
Lau, Brigitte: Johanna Urieta Gertze and Emma Hahn: some thoughts on the silence of historical records, with Reference to Carl Hugo Hahn, in: Logos, 6. Jg. (1986), S. 62–71.
Möller Eckhard: Schwarzafrikaner*innen im Gütersloh des 19. Jahrhunderts. Ein bislang wenig beachteter Aspekt der Stadtgeschichte, in: Heimatjahrbuch Kreis Gütersloh, 2022, S. 19–27.
Vedder, Heinrich: Die schwarze Johanna. Lebens- und Zeitbild der 99jährigen Johanna Gertze, der Erstlingsfrucht vom Missionsfelde des Hererolandes. Erzählt von Missionar D. H(einrich) Vedder, Band 1 und 2, 1936.
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Koordination und Redaktion: Barbara Frey
Stationen
Kindheit und Jugend
Rückkehr zu Carl Hugo Hahn und Taufe
Ein Jahr in der westfälischen Kleinstadt Gütersloh
Übersetzerin des Neuen Testaments und theologischer Texte
Rückkehr nach Namibia, Heirat und Leben in Otjimbingwe
Hebamme, Krankenpflegerin, Apothekerin