Kolonialware Zucker: Flensburgs globale Verflechtungen – Deutschland (ehm. Dänemark) | Ghana | US Virgin Islands
Thementouren
Nelo Schmalen und Lara Wörner, 2024
Heute wird Flensburg gerne als „Zucker- und Rumstadt” vermarktet. Zucker und das Nebenprodukt der Zuckerproduktion, Rohrum, wurden bis zum Zuckerrübenanbau in Europa durch Zuckerrohranbau – vor allem in der Karibik – gewonnen. Da Flensburg bis 1864 die drittgrößte Hafenstadt im dänischen Gesamtstaat war, profitierte die Stadt von vorteilhaften Handelskonditionen mit den dänischen Kolonien in der Karibik, die heute als St. Thomas, St. Croix und St. John (US Virgin Islands) bekannt sind. Die Zuckerproduktion war eng verbunden mit dem transatlantischen Versklavungshandel und der Plantagenwirtschaft.
Nachdem Flensburgs Zugehörigkeit zum Dänischen Gesamtstaat 1864 endete, wurde die Stadt Teil des preußischen/deutschen Kolonialismus. Die veränderten Steuergesetzgebungen machten den Handel mit den dänischen Kolonien in der Karibik umständlicher. Daraufhin wurde der Rohrum für die Flensburger Rumproduktion hauptsächlich aus der britischen Kolonie Jamaika importiert.
Dieser Beitrag konzentriert sich auf die Verflechtungen Flensburgs zu seiner Zeit als Teil des dänischen Gesamtstaates. Anhand der Kolonialware Zucker werden die kolonialen Beziehungen zwischen Osu-Castle in Ghana, der Plantagenwirtschaft in St. Croix in der Karibik und der Stadt Flensburg aufgezeigt. An allen drei Orten hat die Geschichte der Ausbeutung Spuren in den Stadtstrukturen und Landschaften hinterlassen.
Wie sehr Flensburger Kaufleute ein Teil dieser Verflechtung waren und von dem Handel profitierten, wird exemplarisch an der Familie Christiansen verdeutlicht. Mit dem romantisierenden Selbstbild der „tüchtigen Kaufleute und Seemänner“ wird die Geschichte oftmals einseitig erzählt. Damit wird ausgeblendet, dass die unbezahlte Arbeit versklavter Menschen in der Karibik eine Grundlage für den Wohlstand der Kaufleute in Flensburg war.
References:
Albrecht, Ulrike: Das Gewerbe Flensburgs von 1770 bis 1870. Eine wirtschaftsgeschichtliche Untersuchung auf der Grundlage von Fabrikberichten, 1993.
Albrecht, Ulrike: Flensburg und die Christiansens. Kaufleute, Reeder und Unternehmer in der Frühindustrialisierung, in: Zeitschrift der Gesellschaft für Schleswig-Holsteinische Geschichte 120, 1995, S. 113-128.
Schmalen, Nelo A.: Kolonialität der urbanen Transformation am Hafen-Ost in Flensburg. Eine raumhistorische Untersuchung zum Umgang mit den kolonialen Strukturen im Stadtraum, 2023. Link: https://www.uni-flensburg.de/fileadmin/content/abteilungen/geographie/poe-euf/2023-wp1-schmalen.pdf (zuletzt abgerufen 7.10.2024)
Stationen
Koloniale Gärten
Versklavung und Verschleppung
Plantagenwirtschaft
Widerstand und Überleben
Erinnerung an Widerstand
Flensburger Kaufleute auf St. Croix
Profiteure des Zuckerhandels
Stadtstrukturen durch koloniale Gewinne
Sand und Ziegel: Spuren der Karibik-Überfahrten
Ausstellung Rum, Schweiß und Tränen von Dr. Tafari-Ama