Koloniale Menschenschauen in Hamburg – Deutschland | Kanada | Tansania | Neukaledonien/Kanaky
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Anke Schwarzer, 2024
Koloniale Aktivitäten erstreckten sich nicht nur auf die von europäischen Staaten besetzten Gebiete in den Amerikas, in Afrika, Asien und Ozeanien. Kolonialismus prägte auch die Gesellschaften, die kolonisiert haben: Angefangen von imperialen Lebens- und Konsumweisen über koloniale Wissensproduktionen bis hin zu rassistischen Darstellungen von indigenen und Schwarzen Menschen in Kunst, Kultur und Kommerz.
Besonders publikumswirksame Formen der kolonialen Präsentation rassifizierter und exotisierter Menschen waren sogenannte „Völkerschauen“ in öffentlichen Gärten oder Tierparks. Aber auch Ausstellungen in Museen der Völker- und Naturkunde, die als neue „Kathedralen des Wissens“ ab Mitte des 19. Jahrhunderts gegründet wurden, waren beim weißen Bürgertum beliebt. Darüber hinaus sammelten Kinder wie Erwachsene bunte Reklamebilder, auf denen Menschen aus kolonisierten Gebieten in meist abwertender oder verhöhnender Weise abgebildet waren.
Bekanntester Organisator von Menschenzoos war Carl Hagenbeck (1844-1913), dessen Tierpark bis heute besteht. Die Vorstellungen waren entwürdigend und können insgesamt als Produktionsstätten weißer
Überlegenheitsgefühle und kolonialrassistischer Blickregime beschrieben werden – auch wenn eine Handvoll Schauen von Schwarzen und Personen of Color „selbstorganisiert“ waren, zum Zwecke des Geldverdienens oder auch des Überlebens als nicht-weiße Person im Nationalsozialismus.
Einige Nachfahren von Menschenzoo-Teilnehmenden wie etwa der ehemalige Fußballweltmeister Christian Lali Kake Karembeu wünschen sich – bislang erfolglos – eine Entschuldigung und Zugang zum Archiv des Familienunternehmens.
Der Beitrag wirft Schlaglichter auf verschiedene Formen von kolonialen Menschenschauen in Hamburg und ihre langen Echos, die bis in die Gegenwart reichen. Aus Respekt und um die Reproduktion kolonialrassistischer Settings zu vermeiden, verzichtet er auf die einschlägig bekannten Abbildungen dieser Veranstaltungen.
Weblinks:
www.ankeschwarzer.com und www.remapping-hamburg.de
References:
Dreesbach, Anne: Gezähmte Wilde. Die Zurschaustellung „exotischer“ Menschen in Deutschland 1870-1940, 2005.
Flemming, Johannes: Führer durch Carl Hagenbeck’s Tierpark Stellingen. Carl Hagenbeck’s Eigentum und Verlag: Hamburg, 1914.
Gouaffo, Albert: Prinz Dido aus Kamerun im wilhelminischen Deutschland. In: Blanchard, Pascal / Bancel, Nicolas / Boëtsch, Gilles / et. al. (Hrsg.): MenschenZoos. Schaufenster der Unmenschlichkeit, 2012.
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Dieser Beitrag wurde im Rahmen des Projekts „Digitale Kartographierung der Hamburger Kolonialgeschichte“ verfasst. Das Projekt ist eine Kooperation zwischen der Stiftung Historische Museen Hamburg, dem Arbeitskreis HAMBURG POSTKOLONIAL und dem Berliner Verbundprojekt „Dekoloniale Erinnerungskultur in der Stadt“. Es wird gefördert von der Behörde für Kultur und Medien Hamburg und der Kulturstiftung des Bundes.
Stationen
Menschenshows in Carl Hagenbeck’s Thierpark
Die Verschleppung von elf Kawésqar aus Chile
Menschenschau aus Wachs und Papiermaché
Die Familie Ulrikab
#notmyhero
Familien aus Sápmi
Vortragsreihe mit Menschenschau
Fotografien, Postkarten, Objekte
Menschenschau in Farbe – Sammelbilder und Postkarten
„Die letzten Kannibalen der Südsee“ in Stellingen
Beobachtungen und Erfahrungen