Erinnerungskonkurrenz: Der Tod des Oberleutnant Hermann Nolte [1869-1902] – Kamerun | Deutschland
Lebensgeschichten
Richard Tsogang Fossi, 2024
Die deutsche Kolonialzeit in Kamerun ist nicht nur eine Geschichte der Ausbeutung materieller und kultureller Ressourcen, sondern auch eine Geschichte andauernder militärischer Besetzung und Gewalt. Zwischen 1884 und 1914 wurden in „Deutsch-Kamerun“ mehr als 180 Aggressionskriege verübt. Das Militär sollte das begehrte Land kriegerisch „öffnen“ und damit die sogenannte „Erschließung” ermöglichen. Die Militärs wurden trotz ihres gewaltsamen Vorgehens in der Kolonialliteratur kolonialromantisch und propagandistisch als „Pioniere“ und einige sogar als „Kolonialtalente“ dargestellt.
Dieser Militärapparat, der Erniedrigung, Tod und Verwüstung säte, wurde manchmal aber selbst mit Niederlage und Tod konfrontiert. Der Fall des Kolonialoffiziers Hermann Nolte zeigt dies auf. Er zeigt auch auf, wie die kolonisierte Bevölkerung solche Momente der erfolgreichen Gegenwehr im kollektiven Gedächtnis behielt und zum Teil ihrer Identität werden ließ.
Hermann Nolte wurde nach seiner Ausbildung zum Leutnant im Jahr 1889 in Deutschland in die „Schutztruppe“ der Kolonie Kamerun aufgenommen. Nachdem er an zahlreichen blutigen Unterwerfungskriegen teilgenommen hatte, wurde er 1902 nach Banyo geschickt, um dort einen Militärposten zu errichten. Dort wurde er vom widerständigen Sultan Oumarou getötet.
Das gepflegte Grab von Hermann Nolte befindet sich bis heute in Banyo – genauso wie das Grab Oumarous. Beide Gräber sind in einen lebendigen Prozess der Erinnerung(skonkurrenz) an die deutsche Kolonialgeschichte in Kamerun eingebunden.
Contact:
Richard TSOGANG FOSSI, Technical University Berlin. Strasse des 17. Juni 150-152, Sekr. A 56 Bénédicte Savoy/ Room A-F 83. tsogangfossi@yahoo.fr / tsogang.fossi@tu-berlin.de, tel. +49 30 314-24307
Special Thanks:
I would like to extend my sincere thanks to the entire team of the research project Reverse History of Collections. Mapping Cameroon in German Museums, and neighbouring projects, all of which have been instrumental in shaping my postcolonial and decolonial views on colonial history, memory, and provenance research of the collections of cultural assets from colonial contexts.
This goes particularly to Bénédicte Savoy, Albert Gouaffo, Yann LeGall, Eyke Vonderau, Judith Rottenburg, Iñigo Salto Santamaría, Mikaél Assilkinga, Yrine Matchinda, Loice Tsogang, Dieu Ly Hoang, Aylin Birdem and Pia Meierkord for their diverse supports.
Special thanks also go to the Dekoloniale team, which seeks by all means to unearth silenced stories of marginalised people and to confront colonial legacies which still underpin many aspects of our lives today. I especially think of Christian Kopp and Mirja Memmen.
Further thanks go to Thomas Fues, Thomas Klinkert, Weertje Wilms, Andreas Mehler, Anika Becher, Margret Frenz for their contributions in making dialogs with the communities of origin possible. I am equally grateful to Serge Noukeu, Hanse Gilbert Mbeng Dang, Ebenezer Billé, Alain Belmond Sonyem, Hervé Ntone who supported this project with some iconographic materials.
References:
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Boahen, Albert Adu: L´Afrique face au défi colonial, in Boahen, Albert Adu: Histoire générale de l´Afrique. L´Afrique sous domination coloniale, 1880-1935, 1987, p. 21-36.
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Buchner, Max: Aurora colonialis. Bruchstücke eines Tagebuchs aus dem ersten Beginn unserer Kolonialpolitik, 1914.
Buchner, Max: Kamerun. Skizze und Betrachtungen, 1887.
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Stationen
Ankunft Noltes und erste Dienstzeiten
Nolte und die Unterwerfung der Bulu
Nolte gegen die Ngolo
Nolte und die koloniale Kartografie
Nolte und die Besetzung von Yoko
Noltes Auftrag: ein Posten in Banyo
Noltes Tod und Vergeltung
Nolte in der Erinnerungskultur