Familie Garber [1879-2013] – Togo | Deutschland
Lebensgeschichten
Robbie Aitken, 2022
Bis zu seinem Tod im Jahr 1950 lebte der Togoer Amemenjong, später bekannt als Joseph Garber, fast fünf Jahrzehnte lang in Berlin. Seine Geschichte und die seiner in Berlin geborenen Kinder veranschaulichen, wie das Leben Schwarzer Deutscher durch den Kolonialismus und seine Hinterlassenschaften und später durch die Rassenpolitik der Nazis geprägt wurde.
Es war das Kolonialreich, das Garber nach Deutschland brachte. Zunächst kam er 1891 aus Ausbildungsgründen und dann 1896, um als Teil einer sogenannten Völkerschau auf der Ersten Deutschen Kolonialausstellung in Berlin-Treptow ausgestellt zu werden. Nach dem Ende der Ausstellung beschloss er zu bleiben, machte eine Ausbildung zum Schneider und fertigte während des Weltkriegs Militärjacken für die deutsche Armee an, bevor er in den Krieg einberufen wurde. In Berlin-Neukölln heiratete er 1910, gründete eine Familie und betrieb bis zur Weltwirtschaftskrise eine erfolgreiche Herrenschneiderei.
Da er nie deutscher Staatsbürger, sondern nur deutscher "Schutzgebietsangehöriger" war, waren Joseph und seine Kinder nach dem Ende des deutschen Kolonialreichs praktisch staatenlos. Dieser fehlende rechtliche Schutz machte die Familie nach der Machtübernahme durch die Nazis zunehmend verwundbar. Wie alle Schwarzen Einwohner*innen wurden auch Joseph und seine inzwischen erwachsenen Kinder ausgegrenzt und zunehmend diskriminiert. Joseph wurde mehrmals wegen fehlender Ausweispapiere verhaftet, während seine Kinder kaum eine andere Möglichkeit hatten, als ihren Lebensunterhalt durch Auftritte in exotischen Shows und NS-Propagandafilmen zu bestreiten, die die koloniale Vergangenheit verherrlichten.
Joseph und seine Kinder überlebten das Naziregime. In der Zeit nach 1945 verließen alle vier Garber-Geschwister Deutschland und versuchten, sich anderswo ein neues Leben aufzubauen.
Contact:
Robbie Aitken, Sheffield Hallam University, r.aitken(at)shu.ac.uk; (at)rjma_uk
Special Thanks/Credits:
J.W., daughter of Magdalene/Madeleine Garber, Eveline Meister, Bebero Lehman and Maresa Pinto
Literature:
Bundesarchiv Berlin R1001 6350
Bundesarchiv Berlin R1001 7562
Bundesarchiv Berlin R1001 5572
Landesarchiv Berlin A Rep. 341-02 Nr.11649
Archives nationales d'outre-mer, Aix-en Provence Fonds Ministeriels – Affaires Politiques 614/2
Private Archive, Family Garber
Further Reading:
Aitken, Robbie and Eve Rosenhaft, Black Germany: The Making and Unmaking of a Diaspora Community, 1884-1960 (Cambridge: Cambridge University Press, 2013).
Susan Lewerenz, ‘The Tropical Express in Nazi Germany’, in Len Platt, Tobias Becker, and David Linton (eds), Popular Musical Theatre in London and Berlin (Cambridge: Cambridge University Press, 2014), pp. 242-57.
Stationen
Aufwachsen in Aného
Erste Deutschland-Erfahrungen in Schloss Buderose
Die Erste Deutsche Kolonialausstellung 1896
Bleiben
Familienleben in Neukölln
Die 5 Bosambos
Staatenlosigkeit
Marginalisierung, Inhaftierung und Überleben im Berlin der Kriegszeit
Nachkriegszeit
Neuanfänge
Madeleine Garber