Der Kolonialkritiker Mpondo Akwa [ca. 1871 - ca. 1914] – Deutschland | Kamerun
Lebensgeschichten
Gisela Ewe, 2024
Mpondo (auch Mpundu oder Mpundo geschrieben) Akwa wurde um 1879 geboren und stammte aus einer Familie der Oberschicht der Douala, die an der Küste Kameruns lebte. Er verbrachte viele Jahre seines Lebens im Deutschen Reich. Sein Vater hatte ihn zunächst zur Schulbildung nach Paderborn geschickt. Später entwickelte er sich mehr und mehr zum Protagonisten und Sprachrohr der Kritik der Douala am deutschen Kolonialsystem. Während er versuchte, sich eine Existenz in Deutschland aufzubauen, knüpfte er Kontakte mit deutschen Journalisten und Anwälten oder richtete Petitionen an den Reichstag.
Diese Form des Protests gegen die deutsche Kolonialherrschaft in Kamerun rief nicht nur die Gegenwehr der deutschen Koloniallobby hervor, sondern führte auch zu Versuchen, Mpondo Akwa als Person zu verunglimpfen. Dagegen wusste er sich allerdings zu wehren. Spektakulär waren die Prozesse Akwas und seines Anwalts Moses Levi in Altona und Hamburg, in denen sie die deutsche Kolonialherrschaft öffentlich bloßstellten und Akwa sich selbstbewusst behauptete.
Durch Akwas öffentliches Agieren sind sowohl in den zeitgenössischen Zeitungen als auch in deutschen und kamerunischen Archiven einige zentrale Quellen überliefert. Die Wortlaute der Akwa-Petitionen sind als Drucksache des Deutschen Reichstages veröffentlicht worden. Herausragend ist der Fund des Plädoyers von Moses Levi in dessen Nachlass, veröffentlicht von Leonard Harding im Jahr 2000. Wesentliche Forschung zur Rolle der Akwa lässt sich außerdem bei Joseph Gomsu, Ralph Austen und Andreas Eckert finden. Jüngere kamerunische Veröffentlichungen stammen etwa von Germain Nyada und Enoh Meyomesse. Genuin autobiografische Texte von Akwa selbst liegen allerdings nicht vor.
Contact: Gisela.ewe@gmx.de
References:
Aitken, Robbie / Rosenhaft, Eve: Black Germany. The making and unmaking of a diaspora community 1884-1960, 2013.
Austen, Ralph A./ Derrick, Jonathan: Middlemen of the Cameroons Rivers. The Douala and their hinterland 1600-1960, 1999.
Austen, Ralph A.: Cameroonians in Wilhelminian Innenpolitik: Grande Histoire and Petite Histoire, in: Ndumbe, Alexandre Kum’a (Éd.): L’Afrique et l’Allemagne de la colonisation a la cooperation 1884-1986, 1986, p. 204-226.
Eckert, Andreas: Die Duala und die Kolonialmächte. Eine Untersuchung zu Widerstand, Protest und Protonationalismus in Kamerun vor dem Zweiten Weltkrieg, 1991.
Eckert, Andreas: „Der beleidigte N*prinz“. Mpundu Akwa und die Deutschen, in: Etudes Germano-Africaines No. 91, 1991, S. 32-38.
Gomsu, Joseph: Colonisation et organisation sociale: les chefs traditionnels du Sud-Cameroun pendant la période coloniale allemande (1884-1914), 1982.
Harding, Leonhard (Hrsg.): Mpundu Akwa. Der Fall des Prinzen von Kamerun – Das neuentdeckte Plädoyer von Dr. M. Levi, 2000.
Meyomesse, Enoh: La condamnation de Dika Akwa le 6 décembre 1905 à 9 ans de prison par les Allemands, 2022.
Michels, Stefanie: Mpondo Akwa aus Kamerun in der (Hamburger) Öffentlichkeit, in: Zimmerer, Jürgen / Todzi, Kim (Hrsg.): Hamburg: Tor zur kolonialen Welt, 2021, S. 385 – 399.
Ndumbe, Kum‘a: Das deutsche Kaiserreich in Kamerun, 2007.
Nyada, Germain: Mpondo Akwa Nya Bonambela (1875-1914) or how to shape colonial amnesia, 2022.
Oguntoye, Katharina: Eine afro-deutsche Geschichte. Zur Lebenssituation von Afrikanern und Afro-Deutschen in Deutschland von 1884 bis 1950, 1997.
Stoecker, Helmuth (Hrsg.): Kamerun unter deutscher Kolonialherrschaft, Studien Band 2, 1968.
Informationswebseite zu Kamerun
Gunkel, Christoph: „Verdammt seien die Deutschen“ (2021), last accessed 26.12.2024
Nichelmann, Pinia: Mpondo Akwa in Paderborn (2023), last accessed 26.12.2024
Staatsarchiv Hamburg, 132-1 I/ 3606 Auskunft an das Reichs-Kolonialamt über die in Hamburg erscheinende Zeitschrift "Elolombe ya Kamerun/Sonne von Kamerun"
Staatsarchiv Hamburg, 111-1/97458 Polizeiliche Ausweisungen
Staatsarchiv Hamburg 331-3_19322 Zeitschrift "Elolombe ya Kamerun“ (Sonne von Kamerun)
Staatsarchiv Hamburg 720-1/2/ 233-17=01/1902.00.00.1 König Deido und Prinz Akwa aus Kamerun
Staatsarchiv Hamburg 741-4/4373 Meldekartei Altona
Bundesarchiv Berlin R 175-I/93 Sherif Haussah und Bipare.- Petition der Akwa-Häuptlinge
Bundesarchiv Berlin R 175-I/37 Angelegenheiten der Häuptlinge, Bd. 1
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Dieser Beitrag wurde im Rahmen des Projekts „Digitale Kartographierung der Hamburger Kolonialgeschichte“ verfasst. Das Projekt ist eine Kooperation zwischen der Stiftung Historische Museen Hamburg, dem Arbeitskreis HAMBURG POSTKOLONIAL und dem Berliner Verbundprojekt „Dekoloniale Erinnerungskultur in der Stadt“. Es wird gefördert von der Behörde für Kultur und Medien Hamburg und der Kulturstiftung des Bundes.
Koordination und Redaktion: Anke Schwarzer, 2024
Stationen
Die deutsche Kolonialherrschaft in Kamerun
Schulbesuch in Paderborn
Als Dolmetscher der deutschen Kolonialregierung in Kamerun
Douala-Delegationen in Deutschland
Petition an den Deutschen Reichstag
Prozess vor dem Landgericht Altona
Mpondo Akwa als Kläger
Elolombe Ya Kamerun – Sonne von Kamerun
Justizmord an Mpondo Akwa?