Andrea Manga Bell [1902-1985]: Eine Hamburgerin zwischen Berliner Künstlerbohème und Exil in Paris – Kuba | Deutschland | Frankreich
Lebensgeschichten
Holger Tilicki, 2024
Andrea Jimenez Berroa wurde 1902 in Hamburg geboren. Ihre Eltern waren die Hamburgerin Margaretha Filter und der afro-kubanische klassische Pianist José Manuel „Lico“ Jiménez Berroa aus Kuba. Mit 17 Jahren heiratete sie Alexandre Ndumbe Manga Bell, den Sohn des wenige Jahre zuvor von der deutschen Kolonialmacht in Kamerun hingerichteten Duala-Königs Rudolf Manga Bell. Andrea Manga Bell arbeitete später als Zeichnerin und Redakteurin bei der Kunstzeitschrift Gebrauchsgraphik in Berlin, wo sie den Schriftsteller Joseph Roth kennen lernte. Mit ihm zusammen ging sie 1933 ins Exil nach Nizza und Paris. Bis zu ihrem Tod 1985 lebte und arbeitete sie in Frankreich.
In Deutschland ist ihre Geschichte nicht sehr bekannt. Als sich die 1968er-Bewegung in der Bundesrepublik Deutschland mit der Exil-Literatur während des Nationalsozialismus beschäftigte, blieb das Interesse an ihr auf ihr Verhältnis zu Joseph Roth beschränkt. Erwähnung fand sie nur als Ehefrau eines kamerunischen Politikers sowie als Lebensgefährtin eines bekannten Schriftstellers. Über ihre Leistungen als Grafikerin und Redakteurin, ihren Einfluss auf das Schaffen Joseph Roths sowie ihr Wirken nach 1945 in Paris ist sehr wenig bekannt. Leider gibt es nur spärliche Aussagen von ihr selbst, die öffentlich zugänglich sind.
*Foto: Rodriguez, Olavo Alén / Weber, Gudrun: Zwischen Kuba und Deutschland. Leben und Wirken der kubanischen Musikerfamilie Jiménez, Potsdam: WeltTrends, 2021, S. 180.
Contact: hamburg-postkolonial@riseup.net
Link: Arbeitskreis (AK) Hamburg Postkolonial
Special Thanks: Dank an die Historikerin Gisela Ewe für das Zugänglichmachen von Transkriptionen der Korrespondenz zwischen Andrea Manga Bell und Karl Retzlaw sowie weitere Quellenhinweise und der Redakteurin Anke Schwarzer für ihre weiterführenden Ideen und den Zugang zum SR-Radiointerview.
References:
Deutsches Exilarchiv, Frankfurt a. M.: Nachlass K. Retzlaw – EB 80/169 I. A. 288 MANGA BELL, Andrea an RETZLAW, KARL. Briefe zwischen 1967-1973. Transkription von Gisela Ewe.
Eichler, John: Die Entmenschlichung der Juliette Martens in Klaus Manns Roman "Mephisto". Eine Verteidigungsschrift für Andrea Manga Bell, in Huffington Post, 2. Dezember 2017.
Morgenstern, Soma: Joseph Roths Flucht und Ende, Erinnerungen, herausgegeben und mit einem Nachwort von Ingolf Schulte, 2008.
Retzlaw, Karl: Spartakus - Aufstieg und Niedergang. Erinnerungen eines Parteiarbeiters, 1972.
Rundfunkinterview für den damaligen SF (Südfunk) mit Andrea Manga Bell, geführt 1974 in Paris von Paul Assall und Gerd Remy, gesendet am 5. Januar 1975 in der Reihe Zeitgenossen.
Rodriguez, Olavo Alén / Weber, Gudrun: Zwischen Kuba und Deutschland. Leben und Wirken der kubanischen Musikerfamilie Jiménez, 2021.
Website von Nachkommen des Komponisten José Manuel Lico Jimenéz
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Dieser Beitrag wurde im Rahmen des Projekts „Digitale Kartographierung der Hamburger Kolonialgeschichte“ verfasst. Das Projekt ist eine Kooperation zwischen der Stiftung Historische Museen Hamburg, dem Arbeitskreis HAMBURG POSTKOLONIAL und dem Berliner Verbundprojekt „Dekoloniale Erinnerungskultur in der Stadt“. Es wird gefördert von der Behörde für Kultur und Medien Hamburg und der Kulturstiftung des Bundes.
Koordination und Redaktion: Anke Schwarzer, 2024
Stationen
Die Familie Jiménez auf Kuba
Die Musiker José Manuel „Lico“ und Nicasio Jiménez
Die Deutsch-Kubanische Familie Jiménez-Filter in Hamburg
Hochzeit in Hamburg
Redakteurin und klischeebehaftete Romanfigur
Im Exil mit Joseph Roth
Überleben im besetzten Frankreich
Mitarbeiterin der United Restitution Organization (URO)
Der Roman „Die Heilige des Trinkers“