„Genoss*innen of Color“ – Afrikanische Studierende und Vertragsarbeitende in der DDR – Angola | Mosambik | Deutschland
Lebensgeschichten
Maresa Nzinga Pinto, 2025
Schwarze Menschen und Personen of Color werden in der offiziellen Geschichtsschreibung der Deutschen Demokratischen Republik nur selten erwähnt. Dabei war die DDR keine homogene, weiße Gesellschaft.
Neben Schwarzen DDR-Bürger*innen, die in dem „ersten Arbeiter- und Bauernstaat auf deutschen Boden“ geboren wurden, prägten seit der Staatsgründung auch größere Migrationsbewegungen die Gesellschaft. Migrant*innen kamen auf unterschiedlichsten Wegen in die DDR, die meisten aus Vietnam, Mosambik, Kuba, Polen und Angola.
In der folgenden Tour geht es um die Vertragsarbeitenden und Studierenden aus den postkolonialen Staaten Angola und Mosambik. Anhand ihrer Geschichten wird der Widerspruch zwischen dem antifaschistischen, antirassistischen Selbstverständnis der DDR und den von Rassismus und Paternalismus geprägten Lebensbedingungen der Genoss*innen of Color sichtbar. Zugleich sind ihre Erfahrungen Zeugnisse ausdauernder Bemühungen und widerständiger Praktiken gegen restriktive Migrationspolitiken und Rassismus in der DDR – wie auch im wiedervereinigten Deutschland.
Dieser Beitrag ist mit meiner eigenen Biografie verknüpft: Mein Vater kam selbst 1989 aus Angola für ein Studium in die DDR. Die Perspektiven aus Gesprächen mit ihm, mit Bekannten und mit Aktivist*innen in Angola, Deutschland und Mosambik klingen deshalb in Zitaten und Audios immer wieder durch.
Contact: maresa.nzinga.pinto@gmail.com
Special Thanks: Danke an alle Interviewpartner*innen, Bekannte und Freund*innen meines Vaters, die ihre Erfahrungen, ihr Wissen und Material mit mir geteilt haben. Ein besonderer Dank gilt auch den Aktivistinnen Ana Raquel Maioso, Amélia Matilde, Bilda Manhicane Mate, Maria-Inês Pittoro und Rosa Estel, die in Mosambik unermüdlich für eine gerechte Anerkennung ihrer Erfahrung kämpfen und mich zu der Tour inspiriert haben. Zudem danke ich Patrice Poutrus, Mirjam Elomda, Mirja Memmen, Estela Braun Carrasco und Maren Wilmes für die Unterstützung. Mein tiefster Dank gebührt schließlich meinem Vater, der monatelang in Telefonaten geduldig neue Fragen zu seinen Erlebnissen in der DDR beantwortete.
References:
Burton, Eric: Rassismuskritik im Realsozialismus.: Zu einem Beschwerdeschreiben afrikanischer Studenten in der DDR, in: Themenportal Europäische Zeitgeschichte, 2021.
Depta, Jörgen / Hartmetz, Anne-Kathrin: „Weil nicht sein kann, was nicht sein darf“ - Rassistische Tendenzen und Strukturen in der DDR-Gesellschaft, in: Roos, Alfred et al. (Hrsg.), Rassismus im Gespräch. Beiträge und Reflektionen aus der brandenburgischen Arbeitspraxis, 2022, S. 43–60.
Mac Con Uladh, Damian: „Studium bei Freunden?“ Ausländische Studierende in der DDR bis 1970, in: Müller, Christian Th. & Poutrus, Patrice G. (Hrsg.): Ankunft – Alltag – Ausreise. Migration und interkulturelle Begegnung in der DDR-Gesellschaft, 2005.
Piesche, Peggy: Making African Diasporic Pasts Possible A Retrospective View of the GDR and Its Black (Step-)Children, in: Lennox, Sara (Eds.), Remapping Black Germany: New Perspectives on Afro-German History, Politics, and Culture, 2006, pp. 226–242.
Pugach, Sara: African Students in East Germany, 1949-1975, 2022.
Poutrus, Poutrus: Arbeitskräfte für den Sozialismus: Die Vertragsarbeiter*innen, in: PERIPHERIE – Politik. Ökonomie. Kultur, 42 (2022) 1, S. 214–216.
Rabenschlag, Ann‑Judith: Völkerfreundschaft, Vertragsarbeiter und völkische Identität – Alltagsrassismus in staatlichen und gesellschaftlichen Diskursen der DDR, in: Gieseke, Jens et al. (Hrsg.): Jahrbuch für historische Kommunismusforschung, 2022, S. 85–103.
Schenck, Marcia: Remembering African Labor Migration to the Second World: Socialist Mobilities between Angola, Mozambique, and East Germany, 2023.
Slobodian, Quinn: Comrades of color: East Germany in the Cold War World, 2017.
Webdokumentation: Eigensinn im Bruderland.
Wetzel, Johanna M. / Schenck, Marcia C.: Liebe in Zeiten der Vertragsarbeit. Rassismus, Wissen und binationale Beziehungen in der DDR und Ostdeutschland, in: PERIPHERIE – Politik. Ökonomie. Kultur, 42 (2022) 1, S. 31–55.
Stationen
Die sozialistischen „Bruderstaaten“ Angola und Mosambik
Die internationale Völkerfreundschaft der DDR
Vorbereitung auf die Abreise
Ankunft und Arbeiten im Volkseigenen Betrieb
Zum Studium in die DDR
Zwischen Isolation, Community und Widerstand: Alltag in der DDR
Mauerfall und die "Baseballschlägerjahre"
A luta continua! - Die Spaltung angolanischer Vertragsarbeitender
A luta continua! - Madgermanes in Mosambik
Der Kampf um die Anerkennung der Erfahrung der Vertragsarbeitenden