Adolf Bernhard Meyer [1840-1911] und die kolonialen Museumssammlungen in Dresden – Deutschland | Indonesien | Philippinen | Schweiz
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Margaret Slevin, 2024
Adolf Bernhard Meyer (geb. 1840 in Hamburg, gest. 1911 in Berlin) war ein deutscher Wissenschaftler, der 30 Jahre lang Direktor des Königlichen Zoologischen und Anthropologisch-Ethnographischen Museums Dresden war. Zwischen 1875 und 1878 gründete er das Ethnographische Kabinett am Königlichen Museum und leitete während seiner Amtszeit die südostasiatischen und pazifischen Sammlungen.
Bereits vor seiner offiziellen Ernennung im Jahr 1874 unternahm er private Forschungsreisen (1870-73) in das Gebiet des heutigen Indonesiens und auf die Philippinen. Während dieser „Expeditionen“ trug er zoologische, anthropologische und ethnologische Sammlungen zusammen, die während seiner Amtszeit vom Königlichen Museum und anderen europäischen Institutionen erworben wurden. Viele der Bestände befinden sich bis heute im Besitz der Nachfolgemuseen.
Trotz seines primären Interesses an zoologischen Forschungen, beteiligte sich Meyer auch intensiv an anthropologischen und ethnographischen Feldforschungen. In der deutschen Wissenschaft des 19. Jahrhunderts bezog sich die Anthropologie vor allem auf die physische Anthropologie - mit dem Ziel, die körperliche Vielfalt des Menschen, insbesondere anhand von Schädelmerkmalen, zu analysieren. Diese Studien dienten dazu, rassistische Theorien zu untermauern.
Die Ethnologie hingegen bezog sich stärker auf die Kulturanthropologie, die sich auf das Studium der materiellen Kultur verschiedener Gruppen konzentrierte. Für Wissenschaftler*innen wie Meyer war es damals üblich, beide Disziplinen zu studieren.
Obwohl Meyers Reisen vor der offiziellen Kolonialzeit Deutschlands (1884-1918) stattfanden, liefern seine Arbeiten wichtige Einblicke in die enge Verflechtung von Kolonialismus und den Wissenschaften Anthropologie und Ethnologie. Sie verdeutlichen, wie wissenschaftliche Konzepte in Europa und den kolonialen Gebieten zirkulierten und wie diese Erkenntnisse sowie die öffentliche Präsentation indigener Gesellschaften die Wahrnehmung der deutschen Gesellschaft prägten - insbesondere jener in Südostasien und im Pazifikraum, die später unter deutscher Kolonialverwaltung stehen sollten.
References:
GRASSI Museum für Völkerkunde zu Leipzig: “Decolonisation, restitution, and repatriation.” Webpage.
Howes, Hilary: Anglo-German Anthropology in the Malay Archipelago, 1869-1910: Adolf Bernhard Meyer, Alfred Russel Wallace and A.C. Haddon, in: Anglo-German Scholarly Networks in the Long Nineteenth Century, 2014, pp. 126-146.
Howes, Hilary: ‘Shrieking Savages’ and ‘Men of Milder Customs’: Dr Adolf Bernhard Meyer in New Guinea, 1873, in: The Journal of Pacific History, 2012, pp. 21-44.
Martin, Petra: The Dresden Philippine Collection as Reflected in the History of Research, in: Delfin Tolentino, jr. (Ed.): Traveller and Collector. 19th Century Germans in the Cordillera. Forthcoming.
Museum für Völkerkunde Dresden: “About Us.” Webpage.
Petrou, Marissa Helene: Disciplines of Collection: Founding the Dresden Museum for Zoology, Anthropology and Ethnology in Imperial Germany. Doctoral Dissertation, 2016.
Stationen
Ausbildung eines Naturforschers des 19. Jahrhunderts
Von der Übersetzung zur Feldforschung
Deutsches anthropologisches Interesse an den Philippinen
Meyer stößt auf Widerstand
Meyers Königliches Zoologisches und Anthropologisches-Ethnographisches Museum
Das Königliche Museum heute
Institutionelle Entkolonialisierung